Die Antwort ist eine Mischung aus Ja, Nein und allem, was dazwischenliegt – eigentlich eine Ironie, wenn man bedenkt, dass genau dies die grundlegende Prämisse für die Funktionsweise von Quantencomputern ist. Es gibt funktionierende Quantencomputer, die sogar einige Aufgaben erfüllen können, aber sie sind noch weit davon entfernt, voll funktionsfähige Modelle zu sein.
In diesem Artikel gehen wir den Fragen nach, ob Quantencomputing tatsächlich die neue Realität ist, wie viele Quantencomputer es bereits gibt und wer Quantencomputer besitzt.
Ist Quantencomputing real?
Ja. Quantencomputing ist eine konzeptionelle Realität. In unserem Artikel „Was ist Quantencomputing?“ gehen wir auf die grundlegende Prämisse des Quantencomputings ein und erklären einige der wichtigsten Prinzipien seiner Funktionsweise.
Aufbauend auf dieser theoretischen Grundlage gibt es tatsächlich Quantencomputer. Im großen Gefüge der theoretischen Möglichkeiten von Quantencomputern wäre es jedoch sehr vermessen zu behaupten, dass diese elementaren Modelle voll funktionsfähige Versionen sind, insbesondere, wenn man das Potenzial des Quantencomputers betrachtet.
Mike Loukides, Vizepräsident für neue technische Inhalte bei dem auf IT-Schulungen spezialisierten Unternehmen O’Reilly Media, schätzt, dass 1.000 logische Qubits (das quantenmechanische Gegenstück zu herkömmlichen Bits) nötig wären, um echte Arbeit zu verrichten. Jedes davon würde etwa 1.000 physische Qubits beanspruchen. IBM, ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung von Quantencomputern, gab Ende 2021 bekannt, dass es mit einem 127-Qubit-Quantenprozessor gerade die 100-Qubit-Grenze überschritten habe. Dies ist weit von den geschätzten 1.000.000 Qubits entfernt, die für einen voll funktionsfähigen Quantencomputer benötigt werden. Loukides sagt: „Wir werden es wahrscheinlich irgendwann schaffen, aber nicht nächstes Jahr“.
Wie viele Quantencomputer gibt es?
Zwar haben viele Forschungszentren Quantencomputerberechnungen durchgeführt, aber diese dürften nicht der Definition eines Quantencomputers entsprechen, die der typische Leser vor Augen hat. Im Jahr 2000 gab das Los Alamos National Laboratory beispielsweise bekannt, dass Wissenschaftler einen Quantencomputer mit sieben Qubits entwickelt haben, der in einem einzigen Tropfen Flüssigkeit steckt. Da die Qubits aus Teilchen in den Atomkernen einer Säure zusammengesetzt waren, würden die meisten Menschen dies wahrscheinlich nicht als einen funktionierenden Quantencomputer betrachten.
Außerdem muss der grundlegende Unterschied zwischen Quantengattern und Quanten-Annealing beachtet werden. Die technischen Einzelheiten sind zwar recht komplex, aber die Anwendungen der einzelnen Technologien machen sie vielleicht leichter verständlich.
Das Quanten-Annealing wird verwendet, um in Situationen, in denen die Parameter festgelegt sind, Effizienz und Optimierung zu erreichen. Das Traveling Salesman Problem ist ein Beispiel für die Anwendung des Quanten-Annealing. In diesem theoretischen Logik-Dilemma erhält ein Handelsreisender eine Liste von Städten und wird gebeten, die kürzestmögliche Strecke zu finden, auf der er jeden Ort nur einmal besucht und die Reise mit der Rückkehr in die ursprüngliche Stadt beendet. Die Wissenschaftler kennen bereits die Grenzen und sind auf der Suche nach optimalen Effizienzen.
Das Quanten-Annealing kann diese Art von Problemen lösen, dient aber nicht zur Beantwortung von offeneren Fragestellungen. Die Frage, welche Städte der Handelsreisende besuchen soll, übersteigt zum Beispiel die Möglichkeiten des Quanten-Annealing. In der Quantengatter-Technologie suchen Computer nach Antworten auf Probleme ohne zuvor definierte Lösungen. Wenn wir alle Quantengatter-Computer zählen wollen, müssen wir die Definition so erweitern, dass sie auch Labor-„Computer“ einschließt, die in einem einzigen Tropfen Säure existieren. Je präziser wir die Frage „Wie viele Quantencomputer gibt es?“ formulieren, desto genauer kann die Antwort ausfallen.
Wer besitzt Quantencomputer?
Neben experimentellen und theoretischen Laborsystemen haben mehrere Unternehmen funktionierende Quantencomputer gebaut. IBM, Google, Honeywell, Intel und Microsoft führen die Liste der Innovatoren von Quantencomputern mit Gattermodell an. Das Unternehmen D-Wave hat sich auf Quanten-Annealing-Computer spezialisiert, und viele Universitäten haben verschiedene Arten von Qubit-Schaltkreisen gebaut und diese auf unterschiedliche Weise eingesetzt.
Die Definition dessen, was ein Quantencomputer ist, wie viele Quantencomputer es gibt und wer Quantencomputer besitzt, wird unter anderem dadurch erschwert, dass wir es mit einem sehr theoretischen Bereich zu tun haben. Da das Thema Quantencomputing noch so neu ist, besteht häufig Uneinigkeit über jegliche Aussagen zum Quantencomputing.
Im Jahr 2019 nahm Google beispielsweise die Quantenvorherrschaft für sich in Anspruch, da das Unternehmen ein Problem in 200 Sekunden gelöst hatte, für dessen Berechnung klassische Supercomputer 10.000 Jahre gebraucht hätten. Doch Wissenschaftler von IBM waren anderer Meinung und konnten nachweisen, dass ein Supercomputer nur zweieinhalb Tage gebraucht hätte, um das Problem zu lösen. Zwar zeigt dies die enorme Diskrepanz zwischen den Auffassungen selbst führender Branchenunternehmen zu ein und demselben Thema, aber die Vorteile des Quantencomputings sind zweifellos enorm.
Ist Quantencomputing die Zukunft des Computings?
Das Quantencomputing bietet die Chance auf einen gewaltigen Entwicklungssprung in der Computing-Technologie bei hochspezialisierten Anwendungen. Dennoch sind sich die Experten nicht einig, ob Quantencomputer die klassischen Computer ersetzen werden. Da Quantencomputer bei einem Bruchteil eines Grades über dem absoluten Nullpunkt betrieben werden, werden die Logistik und die Kosten für den Betrieb von Quantencomputern wahrscheinlich immer das übersteigen, was der durchschnittliche Benutzer zu zahlen bereit ist. Hinzu kommt, dass die Möglichkeiten, die das Quantencomputing eröffnet, wahrscheinlich sogar den Bedarf eines typischen Unternehmens übersteigen werden.
Wahrscheinlicher ist, dass Quantencomputer einen dritten Zweig der Rechenleistung bilden werden, bei dem klassische Desktops weiterhin im Alltag genutzt werden, klassische Supercomputer in großem Umfang zum Einsatz kommen und Quantencomputer in größerem Umfang für spezialisierte Forschung in Bereichen wie Pharmakologie und Meteorologie zur Verfügung stehen.
Was lässt sich mit der Quantentechnologie erreichen?
Die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) hat Zugriff auf das größte Rechennetzwerk (Computing-Grid) der Welt. Zur Durchführung von Berechnungen für den Large Hadron Collider (LHC) sind 11 große Rechenzentren weltweit miteinander verbunden, und diese haben Zugang zu 160 kleineren Rechenzentren. Dadurch entsteht ein riesiger Supercomputer, aber selbst mit der kollektiven Rechenleistung der Menschheit stößt CERN an seine Grenzen.
Damit Sie eine Vorstellung davon erhalten, wie groß der Vorteil von Quantencomputern gegenüber klassischen Computern sein könnte, vergleichen wir die Leistungsfähigkeit von Menschen mit der von Supercomputern. Im Jahr 2018 stellte das Oak Ridge National Laboratory (ORNL) in Tennessee den Summit-Supercomputer vor, den damals schnellsten und intelligentesten Supercomputer der Welt. Er konnte 200.000.000.000.000.000 Berechnungen pro Sekunde durchführen. Anders ausgedrückt: „Wenn jeder Mensch auf der Erde eine Berechnung pro Sekunde durchführen würde, bräuchte die Weltbevölkerung 305 Tage, um das zu schaffen, was Summit in einer Sekunde erreichen kann“, so das ORNL. Wenn man jetzt „Mensch“ durch „Supercomputer“ und „Summit“ durch „Quantencomputer“ ersetzt, bekommt man eine Vorstellung davon, weshalb Wissenschaftler vom Potenzial des Quantencomputers begeistert sind.
Genau wie Supercomputer die Möglichkeiten von Desktop-PCs durch die Umstellung von serieller auf parallele Verarbeitung übertreffen, kann das Quantencomputing die Möglichkeiten von Supercomputern revolutionieren, indem es von einem binären Bit zu einem Qubit wechselt, das in der Lage ist, die Überlagerung und Quantenverschränkung zu nutzen. Im Prinzip bietet das Quantencomputing gegenüber dem Supercomputing einen ebenso großen potenziellen Fortschritt wie das Supercomputing gegenüber einem Menschen mit einem Bleistift.